Zeitungsartikel aus dem Gießener Anzeiger vom 13.12.2022

(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Kultur-Redaktion)

Dunkle Familiengeheimnisse

Gretchen Hilbrands dritter Krimi behandelt verhängnisvolle Vergangenheit

VON IMME RIEGER

Langgöns. Aller guten Dinge sind drei, auch bei Gretchen Hilbrands aus Langgöns: »Erbarmungslos ahnungslos« heißt ihr neuester Krimi. Innerhalb von weniger als zwei Jahren hat die sympathische gebürtige Ostfriesin, die in ihrer Wahlheimat Hessen als freiberufliche Referentin und Pädagogin rund um Themen, die Lebenshilfe geben, seit vielen Jahren bekannt ist, drei Krimis geschrieben.

Ostfriesland und Hessen Schauplätze

Auch ihr aktuelles Werk, das sie von März bis August dieses Jahres verfasst hat, spielt wieder an verschiedenen Schauplätzen in Hessen und in Ostfriesland. Langgöns und Gießen, in Ostfriesland Rhauderfehn, Leer und Halte, Papenburg im Emsland und die Grafschaft Bentheim sind die Orte der spannenden Handlung. Nachdem die Autorin in ihrem ersten Buch »Lügen im Sturzflug« ein Lügengebilde, unter dem eine Familie leiden muss, und im zweiten Krimi »Im Schatten des Betrügers« Trickbetrügerei in den Mittelpunkt stellte, geht es diesmal um dunkle Familiengeheimnisse. »Ich habe vor vielen Jahren einmal mit einer alten Dame gesprochen, die mir anvertraute, dass sie eines ihrer Kinder an ein verwandtes Paar, das keine Kinder bekommen konnte, abgegeben hat. Das hat mich immer wieder sehr beschäftigt, und das ist auch das Grundgerüst meiner aktuellen Geschichte.«

Gretchen Hilbrands weiß, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg in der Region, aus der sie stammt, immer wieder üblich war, Kinder bei Verwandten aufwachsen zu lassen. Darum geht es auf den 351 Seiten ihres neuen Romans: Karla aus Rhauderfehn möchte ihre große Familie unbedingt bei ihrem 95. Geburtstag dabeihaben und so lädt sie großzügig ein. Auch Christine aus Gießen erhält eine Einladungskarte, wobei eigentlich ihr verstorbener Mann der Neffe von Karla war und sie selbst und ihre Kinder kaum Kontakt zu ihren Verwandten in Ostfriesland gepflegt haben. Aber Christine und ihre Tochter Martina nehmen die Einladung an. Kaum sind sie auf Gut Halte angekommen, überschlagen sich die Ereignisse, verhängnisvolle Erlebnisse nehmen ihren Lauf und lassen die Familiengeschichte in einem neuen Licht erscheinen.

Eine zentrale Rolle spielt der älteste Sohn von Karla, ein Unternehmer mit hoher krimineller Energie, der ausgeprägte narzisstische Wesenszüge hat.

»Ich versuche immer, mich in die Typen in meinen Büchern hineinzuversetzen, ich mag keine Narzissten, aber das Krankheitsbild interessiert mich sehr«, bekennt die Autorin. Sie betont, dass sämtliche Figuren fiktiv sind, »sie sind alle meiner Fantasie entsprungen«.

Keine Fiktion ist der Bezug auf die vielen Geldautomatensprengungen in Mittelhessen, die in den vergangenen Monaten nicht nur in Langgöns für Aufregung sorgten. Auch der Magna-Park in Niederkleen spielt eine Rolle in dem Buch, das atmosphärisch dicht mit einer Szene auf dem Gießener Wochenmarkt beginnt, die so viel Wohlfühlatmosphäre verbreitet, dass sie wie ein wunderbarer Werbespot für die Lahnmetropole rüberkommt.

Die Geschichte zieht von der ersten Seite an in ihren Bann und lässt nicht mehr los. War es im ersten Krimi ein Flugzeug, das eine wichtige Rolle spielte, und im zweiten eine Yacht, ist es diesmal ein Lkw. »Die Verbindung und der Wechsel der Schauplätze zwischen Ostfriesland und Mittelhessen, die ich ja bereits in den ersten beiden Krimis hergestellt habe, ist auch diesmal wieder vorhanden und ich möchte sie zukünftig aufrechterhalten, denn meine Leser finden diese Kombination ganz toll, gerade wenn sie die jeweiligen Lokalitäten persönlich kennen.«

Ihre ostfriesischen Leser, »es sind eine Menge«, verrät Gretchen Hilbrands, kennen die Lokalitäten in ihrer Heimat und haben der Autorin bereits verraten, dass sie gerne einmal nach Mittelhessen kommen möchten, »um sich die hiesigen Krimi-Örtlichkeiten anzuschauen«. Umgekehrt möchten die mittelhessischen Leser gerne einmal nach Ostfriesland fahren, um dort Schauplätze wie beispielsweise die bekannte Meyer-Werft in Papenburg zu besichtigen.

Spannung ohne Brutalität

Gretchen Hilbrands versteht es, auch in ihrem neuen Roman Spannung zu erzeugen, ohne rohe Brutalität walten zu lassen. Das ist ganz typisch für ihre drei Krimis und ganz nach dem Geschmack der vielen weiblichen Leserinnen.

Ein weiteres Markenzeichen sind die christlichen Bezüge, die sie in jedem ihrer Bücher setzt.

Sie tut dies sehr authentisch, nie belehrend und sehr akzentuiert.

Auch in »Erbarmungslos ahnungslos« werden Menschen wieder so dargestellt, wie sie im richtigen Leben handeln, mit all ihren Fragen und dem, was sie zu bewältigen haben. »Als Christin ist es mir wichtig, diesen auch unter dem Aspekt des Glaubens zu begegnen« …

Der Spannungsbogen sorgt für kurzweilige Unterhaltung, und nicht nur Karla hat ein Familiengeheimnis, wie sich herausstellt. Wie die Geschichte ausgeht, soll an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden. »Es wird sicherlich nicht mein letzter Krimi gewesen sein«, wirft Gretchen Hilbrands zum Schluss einen Blick in die Zukunft.